Teamübergreifende Mannschaftsfahrt nach Leiwen

Nach einem Jahr Abstinenz wieder nach Leiwen

Ein Jahr lang war keine Abordnung des TTV in Leiwen. Und nun hat es auch wieder gut einen Monat ge­dauert, bis ich endlich dazu komme, die Erlebnisse niederzuschreiben. Mal schauen, woran ich mich jetzt noch erinnere.

2013 und 2014 waren wir zuletzt in der Feierbude. Ursprünglich war es mal eine Fahrt der 5. Herren­mannschaft, dann eine von der 4. bis zu 6. Mannschaft. Nun kam auch noch die 3. Mannschaft dazu. Vielleicht machen wir ja mal eine Vereinsfahrt hierhin.

Das Programm sollte traditionell bleiben. Zuerst treffen wir uns im Roadhouse in Hamminkeln zum Früh­stück. Jemand hatte einen Kleinbus organisiert, der alle acht TTV-Recken fassen sollte: Olli, Kajo, An­dre, Tille, Lucas, Andreas, Miguel und mich.

Beim Frühstück war schon eine lockere Stimmung; insbesondere Mogli schien hormonell besonders locker. Die Bedienung war eine altersmäßig schwer zu schätzende, aber noch junge Frau. Türkisblaue Haare, muskelbepackt, osteuropäischer Dialekt und tätowiert, soweit man sehen konnte. Lucas Augen wurden spürbar größer, und ich fragte ihn, ob ich „Svetlana“ mal fragen, soll, ob sie Zeit für ein Fitness­training hätte. Er müsse dann nur aufpassen, dass sie ihn nicht mit ihren Knien erwürgt. Er geht aber nicht weiter darauf ein  ...  obwohl wir es wieder und wieder tun.

Nach dem Frühstück verlassen wir Svetlana und gönnen uns vor der Fahrt endlich auch mal ein Bier. Auf der Fahrt gönnen wir uns das dann noch einige Male. Natürlich haben wir auch alkoholfreies Bier dabei, das ich mir als Fahrer aber gut einteile: eine Flasche vor der Fahrt, eine Flasche auf der Fahrt. Insofern sollte ich der einzige sein, der wenige Stunden später bei der Ankunft Durst haben sollte. Mogli ließ sich keine Chance auf Durst bei der Ankunft. Ich weiß nicht, ob er auch absolut am meisten getrunken hatte. Aber in Relation zur Körpergröße hat er ganz sicher die meiste Flüssigkeit zu sich genommen. Neben diesem Kunststück hob er auch insgesamt das artistische Niveau in der Gruppe, indem bei kurzen Pausen vom Tisch runterpinkelte.


 


Vor zwei Jahren hatte ich mich von der musikalischen Dauerbeschallung einige Male mit Kajo und Tille zur Zigarettenpause zurückgezogen und gesagt, wenn wir Zigarren dabei hätten, würde ich sogar eine paffen. Daher war ich nun moralisch verpflichtet auch Zigarren zu besorgen. Vorsichtshalber hatte ich zur ausgewogenen Ernährung zusätzlich noch Erdnüsse und Lakritz dabei und - da ich meine ver­leckerten Kollegen ja kenne - eine Flache weißen Portwein. Nach dem Bezug unseres Bungalows sollte das eigentlich für alle der richtige Aperitif zum Wochenende sein. Alle waren auch begeistert, als ich ihnen die Flasche zeigte. Kaum angekommen, nahm ich acht Pinnekes - es sollte ja nur ein Leckerchen sein - und befüllte sie mit Portwein. Doch dann kam bei allen die Reeser Weltoffenheit durch. Keiner hat probiert, aber alle bestätigten sich gegenseitig bei der Beurteilung, dass der ja überhaupt nicht schmecke. Währenddessen hatte ich die Zimmeraufteilung verpasst. Andre und Andreas liegen schon traditionell zusammen, Kajo und Tille waren letztes Mal ein Team, nun wurden sich Olli und Miguel noch schnell einig, da alle auf meine Weltoffenheit und Toleranz zählten: ich bekam Mogli, dessen „Vorderverdauung“ in Bett und Badezimmer von vor drei Jahren mittlerweile legendär ist.

Ab in die Partymeile; das Wetter sieht noch ganz gut aus. Wir stehen wie immer draußen an einem Stehtisch zwischen dem Bierstand und der Musik. Musikalisch habe ich mittlerweile Erfahrung; entweder kann man es sich anhören oder ich schaffe es mit eben dieser erlangten Erfahrung, einige Lieder einfach zu überhören.

Mit Andre haben wir immer den Star des Wochenendes in der Gruppe. Nahezu jeder, der noch in der Lage ist, ihn wahrzunehmen, spricht ihn ab, klatscht ihn ab oder sucht sonst wie einen wohlwollenden Kontakt. Und wenn er nur in die Nähe der Tanzfläche rollt, sieht es nahezu jede als Tanzaufforderung an. Jedes Jahr dasselbe.



Als es in Richtung Abendessen geht, wird die Musik draußen abgebaut. Haben die Veranstalter den Wetterbericht verfolgt? Doch im Laufe des Abends hält sich das Wetter, und viele bleiben einfach draußen oder gehen immer wieder raus. Bis die Musik draußen auch wieder aufgebaut wird. Andre meinte, dass kein XL-Wochenende sei, und dann schon um halb 2 statt um 3 Uhr Feierabend wäre. Die paar Stündchen wird das Wetter ja wohl halten. Dann müssen wir halt etwas schneller feiern. Und es wird ein richtig schöner Abend; zeitweise sind wir sogar mit allen acht Mann auf der Zappelfläche und zucken so vor uns hin. Uns kennt ja keiner.

Von wegen, uns kennt keiner. Wir treffen auf Gesichter, die wir 2013 kennengelernt hatten; Kerstin sowie Horst Hrubesch nach der Geschlechtsumwandlung (wie bekannt war Horst Hrubesch, genannt das Kopfballungeheuer, zweifacher Torschütze zum Endspielsieg bei der Fußball-Europameisterschaft 1980). Doch da ist noch mehr Prominenz. 2014 haben wir die Schwester von Keith Richards getroffen. Und Anni Richards war wieder auch da. Alle zwar nur als „Tagesgast“ für diesen Abend, aber es war schön, sie wiederzusehen. Leider habe ich aber von Horst kein Foto.

Aufgrund des vermeintlich kurzen Abends gehen einige von uns früher nach Hause; einer womöglich auch, weil er nicht nur etwas schneller gefeiert sondern auch etwas schneller getrunken hat. Vielleicht gingen sie auch, weil sie wissen, dass ich für halb 8 den Weckdienst angekündigt habe. Doch um halb 2 ist es noch rappelvoll, und die Musik spielt weiter. Dann machen wir auch einfach weiter, und so bleibt die Ur-Leiwen-Truppe des TTV - Andre, Andreas und ich - bis um 3 Uhr die Musik aufhört. Etwas verwirrt war ich, als ich zu späterer Stunde mal in Richtung keramische Abteilung unterwegs war. Da hingen zwei Unterhemden an der sonst leeren Garderobe. Das Wetter war absolut OK, aber so warm war es nun auch nicht. Welches Schicksal verbirgt sich dahinter? Ich hoffe, dass die Eigentümer irgendwo ruhig liegen und nicht wie ihre Unterhemden auch aufgehängt wurden.


Vor Überraschung, dass es wohl doch ein XL-Abend wurde, gehen wir völlig unspektakulär zu unserem Bungalow und liegen gegen halb 4 im Bett. Mogli schnarcht selig vor sich hin; hoffentlich bleibt’s beim Schnarchen. Sein Handy liegt auf der Bettkante; ich sichere es, damit es nicht runterfällt. Ich überlege sein Schnarchen aufzunehmen, lasse es aber sein. Bei der Geräuschkulisse habe ich den Eindruck, ewig wach zu liegen.

Irgendwann ist es 5 Uhr und ich meine, zwar geduselt aber noch nicht richtig geschlafen zu haben. Gegen 7 stehe ich auf, dusche, ziehe mich an und starte den Weckdienst. Mit abgewandeltem deutschen Liedgut der 70-er Jahre singe ich lauthals alles wach: „♪Eine neue Unterhose ist wie ein neues Leben; nanana-nana♫“. Alle scheinen sehr froh, dass sie nicht weiter schlafen müssen.

Unser Mogli zeigt Größe, beweist, dass er in den letzten Jahren dazu gelernt hat und zu einer Persönlichkeit gereift ist. Er kotzt zwar, geht dazu aber raus und göbelt auf die Wiese. Dann erzählt er mir, wie heftig ich geschnarcht habe. Er hat es kurz nach 4 Uhr mit seinem Handy aufgenommen und in unsere WhatsApp-Gruppe gestellt. Ich lerne hieraus zwei Dinge: erstens scheint mein Schlafempfinden unter Extrembedingungen irgendwie gestört zu sein; und zweitens klatsche ich beim nächsten Mal sein Handy gegen die Wand und sage dann einfach, es sei runter gefallen.

Wir sind pünktlich beim Frühstück und lassen uns dabei Zeit. Denn ab 10 Uhr gibt es wieder Bier. Lucas wollte ja sein Karaoke-Versprechen von 2013 noch einlösen, als er sich aus dem Staub machte und ich einspringen musste. Mal schauen, ob er dieses Mal singt; ich richte mich vorsichtshalber seelisch drauf ein, wieder für ihn einzuspringen. Doch vorher genießen einige von uns noch einen tollen Kabarettisten; andere gehen Tennis spielen. Danach gehen wir alle eine Runde bowlen. Kajo hat vom Tennis Aua im Arm und kegelt mit links. Aus Solidarität mache ich das auch; zusätzlich warte ich nicht immer auf die Kugel mit den Löchern für Wurstfinger. Zum Glück blieb keiner meiner Finger in der Kugel stecken; aber so sorge ich dafür, dass Kajo nur Vorletzter wird. Ich habe längst verdrängt, wer am wenigsten schlecht gewürfelt hatte; aber nach ein paar Wochen traf ich Tille und da meinte er, er wäre ein Bowlinggott gewesen. Soll wohl.

Irgendwann dazwischen gab’s natürlich auch wieder zu essen. Das Frühstück geht für den, der möchte, nahtlos ins Mittagessen über, bevor es Kaffee und Kuchen vor dem Abendessen gibt. Dann bekommt man noch eine späte Suppe kurz vor dem Mitternachtssnack. Dabei ist mir Miquel aufgefallen. Für den TTV ist er ein echter Gewinn, aber ich denke, die Veranstalter in Leiwen werden zumindest küchentechnisch an ihm Verluste eingefahren haben. Von dem Angebot kann er nicht viel ausgelassen haben. Wie heißt es so schön im Volksmund: „Er ist ein guter Esser.“ Während ich zwischen den Mahlzeiten mit dem Völlegefühle kämpfe, holt er sich noch schnell ‘ne Grillwurst. Aber ich bin ja ohnehin der Meinung, dass in Massentierhaltung erzeugtes Billigfleisch nicht qualitativ aufgewertet wird, nur weil man es an der frischen Luft verbrennt.

Und schon geht’s mit Karaoke weiter. Hier herrscht ein straffes Programm. Lucas ist zwar anwesend, aber er kneift. Allerdings mit dem stichhaltigen Argument einer korrekten Selbsteinschätzung. Er sagt, es würde nix bringen, wenn er singt, und ich soll es machen. Ich bin ja vorbereitet. Am Morgen zogen so dunkle Wolken auf, dass ich mir dachte Ruuudi Carrel mit „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ wieder aufleben zu lassen. Doch es gibt massig Meldungen; locker 15 Leute haben gesungen. Genau habe ich nicht gezählt. Darunter auch einige gute. Es gewinnt der mit dem lautesten Applaus. Einer, der auch nicht schlecht war, ist mit seinem ganzen Fußballclub da; und die stehen alle bei der Abstimmung vor der Bühne und grölen. Die waren am lautesten und gewinnen einen Riesenteddy. Was hätte ich mit so ‘nem Ding tun sollen? Auf Nachfrage bei Olli meint der, dass in Sophies Zimmer wohl Platz wäre; dann müssen wir nächstes Jahr halt nochmal wiederkommen.

Nach dem Abendessen geht die Feier weiter. Da es kühler und windiger wird nun aber drinnen. Und wieder hört der DJ erst nach 3 Uhr mit der Musik auf. Wir sind nicht mehr ganz vollzählig, doch als wir zum Bungalow kommen, sitzt fast alle von uns noch auf der Terrasse.



Nur einer fehlt. Mogli schläft schon. Ich weiß nicht, was und wieviel er getrunken hat; aber die letzten Tage haben wohl zur vorübergehenden Anmeldung der intellektuellen Insolvenz gereicht. „Er liegt auf dem Sofa“, sagt man mir. Ich schaue vorsichtshalber mal nach ihm. Tatsächlich, seine Klamotten liegen fein säuberlich nebenan auf seinem Bett und er in seinem Schlafdress auf dem Sofa. Nur für den Fall, dass er da runter rollt, räume ich den Glastisch zur Seite und lege die Kissen zur Dämpfung davor. Dann hole ich seine Bettdecke und kuschel ihn darin ein. Natürlich bin ich extrem fürsorglich, aber das war auch ein bisschen eigennützig. Denn hätte ich ihn in sein Bett getragen, hätte er mir wieder einen vorge­schnarcht.

Ich gehe wieder zur Terrasse, und wir quatschen noch ein bisschen. Nach und nach gehen wir auch ins Bett, wobei Andre noch anregt an, den Weckdienst ggf. nicht vor 8 Uhr zu starten. Kurz nach 5 liege ich dann auch. Es ist schön ruhig, weil Mogli ja nebenan liegt.

20 nach 7 schrecke ich auf; ich hab verschlafen. Ach nee. Andre hatte ja 8 Uhr gewünscht. Also habe ich genug Zeit zum rasieren, duschen, anziehen, Tasche packen und gucken, ob Lucas noch lebt. Dann ist pünktlich um 8 die Nacht endlich für alle vorbei. Es ist toll, wenn einem so viel Freude und so viel herzliche und spontane Zuneigungsbeweise entgegengebracht werden. Ich blicke in lauter glückliche und völlig entspannte Gesichter. Wir schaffen es wieder komplett zum Frühstück. Lucas macht sich zwar seinen Teller mit „Fingerfood“ voll, hinterlässt aber nicht den Eindruck, als ob er schon essen könne. Wir helfen ihm. Da wir etwas später dort waren, als gestern, ist es dann ja auch nicht wieder so lang bis 10 Uhr. Dann gibt’s Bier. Das Wetter klart auf, und wir setzen uns raus. Doch mengenmäßig ist bei mir heute noch früher Schluss, als sonst. Bei neuen Runden sind meine Gläser noch voll. Zwei stehen immer vor mir, und meine Kollegen legen vorsichtshalber noch ein paar zusätzliche Bierdeckel hin. Doch ich bin ja pfiffig und sage der Bedienung einfach, dass ich mal ein paar Runden aussetze.

 


 

Nach dem Sonntagmorgen-Programm gibt’s endlich Mittagessen, und danach ist Leiwen 2016 schon wieder Geschichte. Wir verabschieden uns von denen, mit denen man immer mal zu tun hatte. Auch von den beiden Unterhemden, die immer noch an der Garderobe hängen.

Wir haben ja dann doch wieder einiges erlebt und überlegen, nächstes Jahr wieder hierher zu kommen. Wir müssen ja um den Teddy für Sophie kämpfen.